Naturheilkunde: Hilft Kurkuma bei Lipödem Beschwerden wirklich?

Die (goldene) Milch macht’s?

Blogger, Fitnessgurus & Influencer ringen um das begehrte Thema; viele Firmen und Drogerien werfen ein altbekanntes Gewürz in neuer Vermarktung – oder besser noch – in ganzer, fertiger Trinkmischung, Pulver oder Kapsel auf den Markt und preisen eine neue Wunderwaffe im Kampf gegen Alltagsleiden, Krebsminderung, antioxidativer Therapie und Stop dem Alterungsprozess an. 

Die Rede ist, Ihr wisst es wohl, von Kurkuma oder besser noch, der goldenen Milch! 

Doch was hat es mit dem Wundergewürz auf sich, was für Inhaltsstoffe macht die Pflanze aus und wie sieht die aktuelle wissenschaftliche Situation aus? Und wir wirkt Kurkuma bei Lipödem?

Kurkuma (lat. Curcuma longa) genauer unter die Lupe genommen 

Die Kurkuma Pflanze stammt eigentlich aus Indien bzw. Südostasien. Die Pflanze wird dort schon seit gut 5000 Jahren in den alten Heilmethoden der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und im Ayurveda verwendet. In manchen Regionen wird sie sogar als heilige Pflanze verehrt. Sie gehört tatsächlich zur Familie der Ingwergewächse und ist daher mit dem Ingwer und dem Kardamom eng verwandt! Der Wurzelstock ist der Pflanzenanteil, der die ganze Sache ins Rollen gebracht und der Pflanze seine Bekanntheit und gelb-orangene Farbe vermacht hat. In Europa kennen wir dies schließlich als Küchengewürz v. a. in der allseits beliebten Gewürzmischung Curry. 

Was steckt drin im Wunderkraut 

Hauptsächlich das Curcumin, nämlich zu ca 60%, was in unserem Fall die Pflanze so interessant macht. Daneben noch sog. Curcuminoide (die für die gelbliche Färbung sorgen), ätherische Öle, Stärke, Harze und auch tatsächlich Kaffeesäure sowie Kaffeesäurederivate (schon gewusst?!). 

Kurkuma in der ayurvedischen Medizin gilt als „Königspflanze“ und soll vor allem die „Ausstrahlung der Haut“ verbessern (Harida genannt). Außerdem soll Kurkuma die Entgiftung von Leber und Galle fördern, erwärmend wirken sowie antiseptisch und das Blut reinigen. In der TCM gilt die Pflanze außerdem als „Qi“-regulierend, soll Magen, Milz und Leber in ihrer Funktion verbessern und wird daher in der TCM vorzüglich gegen allgemeine Schmerzen im Bauchbereich, Menstruationsbeschwerden und Schwellungen angewendet. 

Das Curcumin als Vektor der Medizin 

Wie oben bereits beschrieben, ist der Hauptinhaltsstoff der Kurkuma-Pflanze das Curcumin. Und um vor allem Diesen dreht sich hier Einiges. 

Das Curcumin ist nämlich auch der pharmakologisch wirksame Bestandteil der Pflanze bzw. der Wurzel. Curcumin ist sage und schreibe nämlich schon seit ca 2010 Bestandteil zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten im Kampf gegen unsere alltäglichen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Schlaganfall und Herzinfarkt, Gefäßverkalkung, Entzündungsleiden (z. B. Rheuma) sowie auch Darm-, Leberleiden und und und … 

Und man muss wohl kaum erwähnen, wie interessant just in diesem Moment des Lebens – mit all der Zunahme an chronischen Erkrankungen durch eine immer älter werdende Bevölkerung und parallel dazu zeitgleich immer mehr Medien-Dasein und dem Trend zu mehr bewusstem Lifestyle & sog. Superfoods – das Thema rund um Naturkräuter und Nahrungsergänzungen im Alltag geworden ist! 

Cucurmin wird bereits länger schon in diversen Studien zu entzündlichen Darmerkrankungen vorgestellt. U. a. von der Molecular Nutritional and Food Research, in der den Probanden (in diesem Fall wie immer Mäuse) bestimmte Dosierungen von Cucurmin verabreicht wurde. Hier zeigte sich, dass darmschädigende Faktoren gemindert und somit entzündliche Darmerkarnkungen reduziert werden konnten. In diesem Falle konnte bewiesen werden, dass Cucurmin mit seinen antioxidativen, entzündungsmodulierenden Eigenschaften die Regulation eines Moleküls zu unterdrücken, welches im Verdacht steht, an diesen Entzündungsgeschehen beteiligt zu sein. Ähnliche Studien und Ergebnisse gibt es im Bereich von Gelenkerkrankungen. Das Ergebnis war, dass die Arthritis-Schmerzen vieler Probanden gelindert und die Beweglichkeit der Gelenke verbessert werden konnte. 

Prima Sache! Aber hilft Kurkuma auch bei Lipödem und Lymphödem?

Wer mir bereits auf Instagram folgt, dem wird vielleicht bereits ein kleines innerliches Lichtlein aufgehen. Worauf ich hinaus möchte ist: Cucurmin kann Entzündungsreaktionen lindern, ja. Besonders bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen konnte zumindest hier und da bereits nachgewiesen werden, dass eine tägliche Einnahme einer bestimmten Menge in Verbindung mit zwingend notwendigen Hilfsstoffen eine antioxidative, schmerzstillende und immunmodulierende Wirkung entfalten kann. Und wer zuvor bei mir im Account gut gelesen hat, weiß auch bereits, dass auch die Entstehung des Lipödems, besonders in weiteren Stadien, mit einer Entzündungskomponente zu tun hat, unter anderem! (Näheres zur Sachlage „Entstehung, Genetik, Ernährung & Co.“ wird in den nächsten Beiträgen folgen, sonst sprengt es hier den Rahmen.) 

Studienlage der Universität Leipzig sowie auch die sog. Kooperation Phytopharmaka Köln bestätigen u. a. die Wirkung des Cucurmins auf diverse Zielstrukturen im Körper. Hierbei geht es immer wieder um antientzündliche, antioxidative und Enzym-modulierende Eigenschaften. Ihr merkt, es wiederholt sich. 

Aber: In allen >100 Studien wird betont, dass noch keine Studie zu 100% abgeschlossen sei. In Bezug auf weitere Erkrankungen wie Lipödem, Lymphödem …. kann noch keine genaue Bestätigung zur Wirkung am Gewebe gegeben werden! 

Und hier kommt der Punkt, warum mir so wichtig ist dieses prekäre Thema einmal anzuschneiden und auch provozierend einzugehen. Ich bin selbst eine Betroffene. Als wissenschaftlich arbeitende, lesende Person möchte ich hier ganz klar sagen, prüft selbst, ob Cucurmin auf Euch eine Wirkung haben kann. Vor allem dann, falls ihr zusätzlichen an entzündlichen Begleiterkrankungen leidet.

Jemand der „nur“ Lipödem hat und ggf. zu den Glücklichen gehört, die nicht unter zusätzlichem Lymphödem und Entzündungsschmerz usw. leidet, dem wird Cucurmin allein oder als Goldene Milch getrunken, vermutlich nicht den gewünschten Effekt im Kampf gegen diese Beschwerden Linderung erbringen. 

Was ist bei der Einnahme von Cucurmin so wichtig zu beachten? 

Die Schwierigkeit bei der Einnahme von Cucurmin, und damit überhaupt das Erreichen einer annähernden Wirkung, liegt in der Natur der Dinge. Curcumin weist eine schlechte „bioverfügbarkeit“ im Körper auf, was leider sonst meist nicht öffentlich benannt wird. Dies meint, dass Curcumin extrem schlecht wasserlöslich ist. Es ist alleinig unzureichend an der Darmschleimhaut resorbierbar und wird wiederum zu schnell an Ort und Stelle verstoffwechselt. Auch ist pharmakologisch der Metabolismus des Stoffes ph-Wert- und konzentrationsabhängig.

Ihr seht schon, so einfach ist die Biochemie leider in Wirklichkeit nicht! 

Fakt ist: eine lediglich 4-fach verbesserte Aufnahme im Darm konnte durch zusätzliche Fett-Gabe erzielt werden. Insgesamt kann, nach aktuell ehrlichem Stand der Wissenschaft, somit eine Verfügbarkeit des Stoffes für den Körper von lediglich ca 20–30% erzielt werden. 

Einzige zusätzliche Verbesserung ist eine Fett-zu-Piperin (schwarzer Pfeffer Extrakt)-Kombination. Aber auch diese ist noch zu gering um zu belegen, dass Kurkuma bei Lipödem oder gar Krebszellen eine Allheilwaffe darstellen kann. Lediglich neu erforschte Mizellen-Technologien, wie man sie aktuell aus der Kosmetikindustrie kennt, und welche den Wirkstoff in kleinste Mikro-Moleküle verpacken, versprechen Hoffnung einer höheren bioverfügbarkeit für den Körper.

Bitte achtet darauf, wenn Ihr Euch für diverse Präparate interessiert. Nur dann besteht die Möglichkeit, dass das Curcumin bestmöglich am Darmgewebe verstoffwechselt werden kann. 

Das Fazit zur Einnahme von Kurkuma bei Lipödem

Zusammenfassend hoffe ich, dass ich Euch etwas Licht ins Dunkel bringen und informieren konnte. Die schwierigen Wirkungsbedingungen und die fehlende Aufklärung darüber sollten nicht verschwiegen werden, um am Ende vielleicht zu viel Hoffnung aufzubauen. Nichts desto trotz ist und bleibt Cucurmin selbst gesund. Ohne Frage stärkt es vor allem in der kalten Jahreszeit – zusammen mit Ingwer – das Immunsystem und durchwärmt den Körper. Im Rahmen von entzündlichen Erkrankungen zeigt es je nach Dosierung antioxidative, zellschützende Eigenschaften. Somit verbleibt es auch in der TCM ein beliebtes Gewürz der Naturheilkunde. Es bleibt spannend, was es im Zusammenhang mit Kurkuma bei Lipödem in Zukunft noch preisgeben wird! 

Danke für’s Lesen und bis zum nächsten Mal! 


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Quellen und Studien u. a.: 

  • American Botanical Council „Curcumin Exhibits Potential in the Treatment of Various Chronic Diseases“ (Curcumin hat Potential bei der Behandlung von verschiedenen chronischen Krankheiten) 
  • Barry J, Ramamoorthy A et al., “Determining the Effects of Lipophilic Drugs on Membrane Structure by Solid-State NMR Spectroscopy: The Case of the Antioxidant Curcumin”, Journal of the American Chemical Society, März 2009, (Festlegung von Auswirkungen lipophiler Arzneimittel auf die Membranstruktur mit Hilfe des NMR-Spektrometers: Das Antioxidant Kurkumin) 
  • Agarwal R et al., “Detoxification and antioxidant effects of curcumin in rats experimentally exposed to mercury”, Journal of Applied Toxicology, Juli 2010, (Entgiftung und antioxidative Effekte von Curcumin bei Ratten, die im Versuch Quecksilber ausgesetzt waren) (Studie als PDF) 
  • SIEWEK: Exotische Gewürze Herkunft Verwendung Inhaltsstoffe. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-0348-5239-5, S. 72
  • Surh et al.: Molecular mechanisms underlying chemopreventive activities of anti-inflammatory phytochemicals: down-regulation of COX-2 and iNOS through suppression of NF-kappa B activation, Mutat. Res., 2001, 480–481: S. 243–268

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Author: Dr. Nicole Gerlach

Hi an alle Lip-Mädels da draußen! Mein Name ist Nicole Gerlach, ich bin 1983 geboren und Ärztin aus Leidenschaft. Nach einem langen vor-beruflichen Weg über die Biochemie, beschäftige ich mich nicht nur seit knapp zehn Jahren mit Sport- und Ernährungsmedizin und habe u. a. zuvor in Göttingen an Publikationen diverser Studien zu Morbus Alzheimer mitgewirkt. Aktuell bin ich nach fünf Jahren Tätigkeit im Fachbereich der Inneren Medizin nun in der ambulanten, allgemeinmedizinischen Versorgung tätig. Zudem habe ich Erfahrung in der Notfallmedizin sowie Phlebologie/Angiologie sammeln dürfen, was mir neben allem anderen Genannten mit am meisten am Herzen liegt und welches sich als Schwerpunkt nun in meinem seit dem 21.08.2020 eröffneten Instagram-Account @fragdochmaldiefrau_doctor bei Fragen & Hilfe rund um das Thema Lip- und Lymphödem widerspiegelt. Ein Thema, welches mir vor allem deswegen so sehr am Herzen liegt, da ich selbst betroffene Lipödemkämpferin bin und all mein gesammeltes Wissen und meine Erfahrungen mit jeder Mitbetroffenen und medizinisch Interessierten teilen möchte! Packen wir’s an!

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